Systemische Beratung für Kinder, Jugendliche und Familie

Die Wurzeln der systemischen Therapie finden sich in einer Ausweitung der Psychotherapie in den 50er Jahren von Einzel- und Gruppentherapie auf die Arbeit mit Familien: die Familientherapie entstand. Zwar nicht Familientherapie im heutigen Sinne, dennoch wurde die Einbeziehung der Familie von Theoretikern als dramatischer Perspektivenwandel und Sensomotorisches Basistraining mit dem Pferd als Fundament zur Erweiterung des kognitiven und sozial‐emotionalen Repertoires. Geschichtlicher Hintergrund „Paradigmawechsel“ erlebt.

Die Bedeutung einer systemischen Perspektive als eine bestimmte Weise, die Welt wahrzunehmen, rückte in den Vordergrund, der Fokus der Aufmerksamkeit wanderte vom Individuum zur Interaktion : Die Familie wird als eines von vielen sozialen Systemen gesehen, in denen sich Menschen naturgemäß organisieren und gemeinsam ihre Wirklichkeit erzeugen. Die Prämissen sozialer Systeme an sich traten immer mehr in den Vordergrund, so dass es immer unwichtiger wurde, mit welchem sozialen (Teil-) System man gerade arbeitete.

Familientherapie (ist) ein psychotherapeutischer Ansatz mit dem Ziel, Interaktionen zwischen einem Paar, in einer Kernfamilie, in einer erweiterten Familie oder zwischen einer Familie und anderen interpersonellen Systemen zu verändern und dadurch Probleme einzelner Familienmitglieder, Probleme mit Familiensubsystemen oder der Gesamtfamilie zu lindern. (Zit. n. V.SYDOW 2007, 15)

Systemische Therapie / Familientherapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren, dessen Fokus auf dem sozialen Kontext psychischer Störungen liegt und das zusätzlich zu einem oder mehreren Patienten („Indexpatienten“) weitere Mitglieder des für den/die Patienten bedeutsamen sozialen Systems einbezieht und / oder fokussiert ist auf die Interaktionen zwischen Familienmitgliedern und deren sozialer Umwelt. (V.SYDOW 2007, 15)

Systemische Therapie umfasst Grundhaltungen, Formen der Beziehungsgestaltung, praktische Methoden und Möglichkeiten der Gestaltung des therapeutischen Settings sowie des Behandlungsumfelds, um leiderzeugende, vom Patienten oder von relevanten Bezugspersonen als veränderungsbedürftig bezeichnete, meist stabilisierte Muster des Erlebens, Verhaltens und der Beziehungsgestaltung zu verändern oder aufzulösen und die Entstehung anderer, erwünschter Muster zu ermöglichen und zu fördern.(SCHIEPECK 1999, 29)

Systemische Therapie kann definiert werden als Intervention in komplexe menschliche Systeme (sowohl psychische als auch interpersonale Systeme) mit dem Dönitz23Ziel, Leiden zu lindern bzw. zu beseitigen. Hierfür werden Bedingungen realisiert, die es den Patienten unter Berücksichtigung ihrer Anliegen und Möglichkeiten erlauben, leiderzeugende Prozesse zu überwinden. (SCHIEPECK 1999, 30)

Der systemische Blick richtet sich auf die folgenden Grundhaltungen:

(Grundhaltungen sind hier bedeutsame innere Einstellungen mit lebensbejahendem Charakter. Sie werden zwar nicht ständig ausgesprochen, bilden dennoch einen roten Faden in unserer Gestaltung von Beziehungen)

Die Problemdefinition:

Ein Problem ist ein Problem, wenn es ein Problem genannt wird.Probleme und Schwierigkeiten gibt es nicht an sich, es ist notwendig, dass sie als solche definiert werden. Probleme können als sprachliche Konstrukte verstanden werden. Eine Verhaltensweise – und sei sie noch so absonderlich – ist nicht an sich und für jeden ein Problem.

Die Kontextbedingungen:

Die als Problem definierte Verhaltensweise ist nicht in einem luftleeren Raum entstanden, sondern kann als Lösungsstrategie in einem bestimmten Kontext gesehen werden.

Der Sinn gezeigter Verhaltens- und Denkweisen

Keine Verhaltensweise wird ohne für Systemmitglieder plausiblen Grund praktiziert und gezeigt. Keine Verhaltensweise, Handlungsstrategie, Denkgewohnheit hat nur negative Aspekte, es gibt immer auch positive und gewinnbringende Aspekte. Es kann nützlich sein, sich diese zu erfragen.

Der Auftrag

Aufträge sind Ansprüche und Forderungen, die an uns gestellt werden. Aus Problemen gehen nicht notwendigerweise Aufträge hervor. Selbst wenn unser Gegenüber etwas als Schwierigkeit definiert bedeutet dies nicht, dass er uns einen Auftrag dafür erteilt, ihn bei der Bewältigung des Problems zu unterstützen. Es ist daher wichtig, unsere KooperationspartnerInnen, die Kinder, Jugendliche und Eltern nach ihrem Auftrag zu fragen.

Es ist von besonderer Bedeutung, sich seiner „Eigenaufträge“ bewusst zu werden, da unser Handeln von unseren Wertentscheidungen und Wirklichkeitskonstruktionen beeinflusst ist. Ausgehend von diesen treten wir unseren KooperationspartnerInnen gegenüber.

Die Ausnahmen

Kein Verhalten, kein Symptom tritt immer in der gleichen Stärke auf. Kein Problem ist immer präsent, es gibt immer Ausnahmen. Ausgehend von der Fokussierung der Ausnahmen können die Ressourcen der Systemmitglieder genutzt werden. Auch die Ausnahmen nicht unmittelbar auffallen, ist es sinnvoll so zu tun, als gäbe es sie. voraussetzen schafft die Bedingungen, sie wirklich zu entdecken. Ausnahmen auszubauen, sie bewusst zu wiederholen, ist für unsere KooperationspartnerInnen leichter, als ein vollkommen neues Verhalten zu erlernen.

Die Stärken

Kinder, Jugendliche und Familien verfügen über unterschiedliche Stärken, Ressourcen und Kompetenzen. Wir können mit allen Menschen leichter zusammenarbeiten, wenn wir ihre Stärken und Fähigkeiten in den Vordergrund stellen.
Wenn wir davon ausgehen, dass Kinder und Eltern über Ressourcen verfügen, können wir sie leichter entdecken und nutzen. Es erleichtert uns die Arbeit, wenn wir darauf schauen, womit unsere KooperationspartnerInnen zufrieden sind, was sie gut können, worauf sie stolz sind und wie sie bisher mit de beklagten Schwierigkeiten umgegangen sind.

Die Lösungen

Kinder und Eltern verfügen immer über eigene Lösungsideen und Lösungsphantasien. Fragen nach den Lösungsideen oder den bereits erprobten Lösungen vermittelt das Bewusstsein, selbst an der Entwicklung der Lösungsmöglichkeiten beteiligt zu sein. Wenn wir selbst Lösungsideen anbieten, sollten wir mehrere formulieren, damit unser Gegenüber die Möglichkeit hat zu wählen. Über Lösungen zu reden ist effektiver als über Probleme zu reden : „Problem talk creates problems, solution talk creates solutions“

Die Zukunft

Kindern, Jugendliche und Eltern ist nach längerer Leidensgeschichte häufig der Blick für die Gestaltung und Beeinflussbarkeit der Zukunft verstellt. Die gewünschte, selbst gestaltete Zukunft, nicht die zu bedauernde, nicht mehr veränderbare Vergangenheit, ist für die Zusammenarbeit ein nützlicher Fokus. Die Beschäftigung mit der Zukunft unterstreicht die Möglichkeit der Veränderung.

Die Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten

Menschen möchten aus unterschiedlichen Möglichkeiten auswählen. Die gemeinsame Entwicklung neuer Denk- und Handlungsoptionen sind von Nutzen. Wenn neue Denkmöglichkeiten nicht angenommen werden oder alternative Handlungsstrategien nicht funktionieren, sollten diese fallengelassen werden.

Der Eigensinn und die Eigenverantwortung

Menschen sind autonom und eigensinnig, sie bestimmen über die Bedeutung einer Botschaft oder Intervention, nicht der Professionelle. Menschen sind verantwortlich für das, was sie tun. Die Verantwortung der Professionellen besteht darin, mit dem Gegenüber neue Deutungen und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Die Bereitschaft zur Kooperation

Wir unterstellen den Menschen Kooperationsbereitschaft. Jeder Mensch zeigt eine einzigartige Weise der Kooperation. Unsere Aufgabe besteht darin, diese zu entdecken und an sie anzukoppeln. Wo Kooperation noch nicht so gut klappt, ist die „richtige“ Art der Kommunikation noch nicht gefunden.

Wertschätzung und Respekt

Kinder und Eltern verdienen immer unsere Wertschätzung und unseren Respekt. Dies gilt besonders für ihre bisherigen Lösungsstrategien und ihre Bereitschaft, neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

Diese Grundhaltungen ergeben in Verbindung mit den folgenden systemischen Glaubenssätzen die Basis systemischen Arbeitens:

  • Veränderung ist möglich. Wenn eine äußere Veränderung schwierig ist, ist in jedem Fall eine innere Veränderung möglich.
  • Eltern tun zu jedem gegebenem Zeitpunkt ihr Bestmögliche
  • Wir alle verfügen über die inneren Ressourcen, die wir brauchen, um unser Leben erfolgreich zu gestalten und innerlich wachsen zu können.
  • Wir verfügen über Wahlmöglichkeiten, besonders wenn es darum geht, in angemessener weise mit Stress umzugehen, statt einfach nur auf Situationen zu reagieren.
  • Therapie sollte sich auf die Gesundheit und die Möglichkeiten der Klientenkonzentrieren statt auf ihre Pathologien.
  • Hoffnung ist ein signifikanter Faktor oder Bestandteil der Veränderung.
  • Die Menschen treten in Beziehung zueinander auf der Grundlage ihrer Gemeinsamkeiten, und sie wachsen aufgrund ihrer Verschiedenartigkeit.
  • Ein Hauptziel jeder Therapie ist, dass wir in die Lage versetzt werden, eigenständig Entscheidungen zu treffen.
  • Wir sind alle Manifestationen der gleichen Lebenskraft.
  • Die meisten Menschen ziehen die Vertrautheit dem Sich-Wohlfühlen vor, besonders in Stress-Situationen.
  • Das Problem liegt nicht im Problem als solchem, sondern in der Art des Umgangs mit Schwierigkeiten.
  • Gefühle sind ein Teil von uns. Wir alle haben sie. Die wichtigsten Glaubenssätze
  • Menschen sind im Grunde ihres Wesens gut. Um mit ihrem Selbstwertgefühl in Verbindung zu sein und dieses zu stärken, müssen sie ihren inneren eigenen Schatz finden.
  • Eltern wiederholen oft die Muster ihrer eigenen Ursprungsfamilie auch dann, wenn diese Muster dysfunktional sind.
  • Ereignisse der Vergangenheit können wir nicht ändern, lediglich die Auswirkungen, die sie auf uns haben.
  • Die Vergangenheit zu schätzen und zu akzeptieren vergrößert unsere Fähigkeit, die Gegenwart zu bewältigen.
  • Ein Ziel auf unserem Weg zur Ganzheit ist es, unsere Eltern als Menschen anzunehmen und ihnen auf der Ebene ihres Person-Seins (ihrer Individualität) zu begegnen, statt lediglich mit ihren Rollen in Kontakt zu treten.
  • An unseren Bewältigungsstrategien zeigt sich, wie es um unser Selbstwertgefühl bestellt ist. Je stärker unser Selbstwertgefühl ist, umso gesünder sind unsere Bewältigungsstrategien.
  • Menschliche Prozesse sind universell und deshalb in den unterschiedlichsten Zusammenhängen, Kulturen und äußeren Umständen zu finden.
  • Der Prozess ist die Straße zur Veränderung. Zufriedenheit bildet den Kontext, in dem die Veränderung stattfinden kann.
  • Gesunde zwischenmenschliche Beziehungen gründen auf Gleichwertigkeit.“

Es besteht immer Hoffnung, dass unser Leben sich verändern kann, weil wir jederzeit Neues lernen können.